Reverse Factoring – was ist das eigentlich genau?
Vor kurzem hatten wir schon die Unterschiede zwischen Finetrading und Factoring erläutert – heute wenden wir uns dem Reverse Factoring zu, das oft mit Finetrading verwechselt wird. Der Hauptunterschied vorweg: Beim Reverse-Factoring werden wie beim normalen Factoring Forderungen verkauft und keine echten Güter.
Zunächst sei noch einmal die Abgrenzung zwischen Finetrading und Factoring erwähnt: Beim Finetrading werden Warenbestellungen vorfinanziert, während beim Factoring Forderungen nach der Abwicklung eines Geschäfts verkauft werden.
Lieferanten profitieren von Reverse Factoring
Beim Reverse Factoring wiederum begleicht ein Factor die Verbindlichkeiten eines Unternehmens gegenüber dessen Lieferanten. Er tritt aber nicht als Abnehmer der Güter auf, sondern erwirbt nur die Forderung gegenüber dem bestellenden Unternehmen. Dem Lieferanten wird also unmittelbar Liquidität zugeführt, sodass dieser die Verbindlichkeiten gegenüber seinen Lieferanten bedienen kann – dementsprechend wird der Prozess auch als Einkaufs- oder Lieferantenfactoring bezeichnet. Das Unternehmen, das Reverse Factoring in Anspruch nimmt, kann durch die sofortige Einkaufsfinanzierung über einen Factor von eingeräumtem Skonto profitieren und gleichzeitig das längerfristige Zahlungsziel des Lieferanten in Anspruch nehmen.
Für den Factor besteht das Risiko beim Reverse Factoring lediglich im Ausfallrisiko des Unternehmens und ist daher leichter einzuschätzen als beim normalen Factoring, bei dem ein Pool an Forderungen gegenüber Endkunden mit unterschiedlicher Bonität verkauft wird.
Wichtiger Baustein für stabile Geschäftsbeziehungen
Interessant ist Reverse Factoring vor allem für größere Unternehmen, die ein gewichtiges Interesse daran haben, dass der Lieferant liquide und die Geschäftsbeziehung stabil bleibt, beispielsweise in mehrgliedrigen Zulieferketten wie in der Autoindustrie. Wird die Zulieferkette unterbrochen, stehen beim Automobilhersteller die Bänder still. Daher ist es auch der Abnehmer, der das Reverse-Factoring-Geschäft zum Wohl des Lieferanten initiiert. Möglich ist Reverse Factoring meist erst ab einem Einkaufsvolumen von 10 Millionen Euro.
Grundlage für das Reverse Factoring ist ein Dreiervertrag zwischen Lieferant, Abnehmer und Factor: Der Lieferant stellt dem bestellenden Unternehmen seine Rechnung, deren Richtigkeit das Unternehmen dem Factor bestätigt. Daraufhin begleicht der Factor die Forderung abzüglich Skonto. Zum Ende der Zahlungsfrist zahlt das Unternehmen den vollen Rechnungsbetrag an den Factor – die Ersparnis durch den Skonto verbleibt üblicherweise bei dem Factor.
Unterschiede zwischen Finetrading und Reverse-Factoring
Hier sind noch einmal die wichtigsten Unterschiede zwischen Finetrading und Reverse-Factoring im Überblick:
Allgemeiner Vergleich
Finetrading | Reverse-Factoring | |
---|---|---|
Nutzer | Abnehmer ist Nutzer | Lieferant ist Nutzer |
Implementierung | Zügige Implementierung Keine Bonitätsprüfung | Lange Implementierung Bonitätsprüfung zwingend |
Flexibilität | Gegeben, Limit kann für beliebige Lieferanten genutzt werden | Nicht gegeben, da Gesamtlimit vorher je Lieferant aufgeteilt werden muss und Zwang zur Abwicklung über Factor innerhalb des Limits |
Betriebswirtschaftlicher Vergleich
Finetrading | Reverse-Factoring | |
---|---|---|
Finanzierungszeitraum | Max. bis zu 120 Tage, taggenaue Rückzahlung | Max. bis zu 180 Tage, starre Rückzahlung |
Volumina | Bereits Einkaufsvolumina ab 100.000 € möglich | Richtet sich eher nach größe des Unternehmens. Generell höhere Volumina ab 10 Mio € |
Kosten | I. d. R. Kapitalkosten bei 10% | I. d. R. günstig da ca. 1-3% über Euribor |
Juristischer Vergleich
Finetrading | Reverse-Factoring | |
---|---|---|
Vertrag | 1 Vertrag: Rahmenvertrag zwischen Finetrader und Abnehmer | 2 Verträge: – Factoringvertrag mit Lieferant – Factoringvertrag mit Abnehmer inkl. Gegenzeichnung des Lieferanten |
Volumina | Bereits Einkaufsvolumina ab 100.000 € möglich | Richtet sich eher nach größe des Unternehmens. Generell höhere Volumina ab 10 Mio € |
Eigentum | Finetrader erwirbt Eigentum an Waren | Factor erwirbt Eigentum an Forderung |
BaFin | Handelsgeschäft, sonst nicht BaFin-pflichtig (§1 KWG) | Bankgeschäft, BaFin-pflichtig (§§ 2,12 GwG, §261 StGB) |
Ihr regelmäßiges Update zur Finanzbranche
Erhalten Sie regelmäßig die aktuellsten Meldungen zur Finanzwelt sowie exklusive Tipps und Tricks rund um das Thema Unternehmensfinanzierung.
Ja, ich möchte den FinCompare Newsletter erhalten.
* Pflichtfelder