Suche
Close this search box.

030 311 96 000

Mo - Fr (9 - 18 Uhr)

Forfaitierung: Exporte gekonnt finanzieren

Forfaitierung bezeichnet den Verkauf zumeist größerer Forderungen im Exportgeschäft. Wie genau funktioniert Forfaitierung und für bei welchen Forderungen kommt sie als Mittel in Betracht? Welche Bedeutung hat Forfaitierung für die Exportfinanzierung und was sind die wesentlichen Unterschiede in Abgrenzung zu Factoring? Welchen Unternehmen bietet Forfaitierung Vorteile? Gibt es ähnliche Finanzierungssurrogate? Diese und weitere Fragen werden hier erläutert und beantwortet.

Was ist Forfaitierung?

Der Begriff Forfaitierung geht zurück auf das Französische „A forfait“ – zu Deutsch „in Bausch und Bogen“ und damit in etwa „im Ganzen“ oder „vollständig“. Forfaitierung bezeichnet den regresslosen Verkauf einzelner Forderungen. Zumeist handelt es sich um mittel- bis langfristige Forderungen aus der Exportfinanzierung. Doch auch in anderen Bereichen kommt das zur Kategorie der Finanzierungssurrogate zählende Instrument zum Einsatz.

Die Anbieter von Forfaitierung werden auch als Forfaiteure bezeichnet. Insbesondere, wenn andere Finanzierungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, bietet Forfaitierung Vorteile. Unternehmen erhalten sofort nach Leistungserbringung Liquidität und lagern das Forderungsausfallrisiko aus. In Abgrenzung zu Factoring werden nur einzelne Forderungen verkauft.

Der Verkauf der Forderung durch ein Unternehmen an einen Forfaiteur erfolgt mit einem Diskont. Der Diskont deckt die Kosten und die Gewinnmarge des Forfaiteurs ab. Die Kosten setzen sich unter anderem aus Zinsen und Ausfallrisiken zusammen.

Exportgeschäft finanzieren – alle Voraussetzungen für die Forfaitierung

Nicht jede Forderung kann forfaitiert werden. Will ein Unternehmen – z. B. im Rahmen der Exportfinanzierung – die Forfaitierung Vorteile nutzen, muss die Forderung verschiedene Voraussetzungen erfüllen. Dies trifft auch auf andere Finanzierungssurrogate wie z.B. Factoring zu (die Abgrenzung zu Factoring wird in den folgenden Abschnitten erläutert).

  • Forderung muss unwiderruflich und einredefrei sein

Die Forderung muss unwiderruflich und einredefrei sein. Der Schuldner darf keine Möglichkeit haben, der Forderung zu widersprechen. In der Regel werden nur Forderungen über bereits vollständig erbrachte Leistungen akzeptiert – etwa Ausfuhrlieferungen, die bereits verschifft wurden.

  • Gute Bonität und zusätzliche Sicherheiten

Der Schuldner muss über eine einwandfreie Bonität verfügen. In der Praxis verlangen Forfaitierungsgesellschaften zumeist darüber hinausgehende Sicherheiten wie z.B. Wechselavale, Bankgarantien oder Akkreditive.

  • Mindestvolumen bei Forfaitierung: Ab 50.000 EUR aufwärts

Forfaitierung ist aus Sicht von Banken und anderen Forfaitierungsgesellschaften mit relativ hohen Stückkosten verbunden. Deshalb wird ein gewisses Mindestvolumen vorausgesetzt. Dieses variiert je nach Anbieter und beginnt bei ca. 50.000 EUR, wobei viele Gesellschaften die Mindestbeträge deutlich höher ansetzen. Forfaitierung zielt häufig auf Investitionsgüter an, während andere Finanzierungssurrogate wie z. B. Leasing oder Factoring auch das Geschäft mit Privatkunden finanzieren.

  • Forfaitierung meist für Wechsel

Forfaitierung basiert häufig auf Solawechseln, bei denen Aussteller und Bezogener identisch sind. Die Wechsel werden vom Schuldner an die Order des Lieferanten ausgestellt. Dieser vermerkt auf den Wechseln den Zusatz „without recourse“ (ohne Regress) und verkauft das Papier anschließend an die Forfaitierungsgesellschaft.

  • Nur stabile Währungen

Um Exportgeschäfte zu finanzieren muss die Forderung auf eine stabile und etablierte Währung lauten, da der Käufer der Forderung diese ansonsten nicht bzw. nur unter erschwerten Bedingungen refinanzieren kann. Währungen von Entwicklungsländern sind deshalb häufig ausgeschlossen, obgleich auch deren Märkte in der Exportfinanzierung eine wachsende Rolle spielen.Aus Sicht von Banken besteht bei der Forfaitierung von Forderungen nicht nur ein Bonitäts-, sondern auch ein Veritätsrisiko. Dieses ist insbesondere bei grenzüberschreitenden Geschäften in der Exportfinanzierung größer als im Inland, da nicht überall alle Informationen zu Unternehmen zu verlässlich sind wie in Deutschland und der EU. Betrüger könnten z. B. Forderungen für Leistungen verkaufen, die nie erbracht wurden.

Banken setzen verschiedene Maßnahmen ein, um Veritätsrisiken zu minimieren. So wird vom Schuldner typischerweise ein Schuldanerkenntnis verlangt. Zudem werden alle involvierten Parteien genau geprüft.

Unterschieden wird zwischen echter, unechter und Quasi-Forfaitierung. Die Unterscheidung zwischen echter und unechter Forfaitierung erinnert an die Unterscheidung zwischen echtem und unechtem Factoring. Die Abgrenzung zu Factoring gilt dennoch unverändert.

Echte Forfaitierung

Bei der echten Forfaitierung kauft der Forfaiteur die Forderung an und verzichtet ohne jegliche Bedingungen (mit Ausnahme ggf. bei Betrug durch den Forderungsverkäufer) auf einen Regress des Verkäufers. Der Forfaiteur kann somit bei einem Ausfall der Forderung unter keinen Umständen auf den Lieferanten zurückgreifen. Dieser lagert damit das Ausfallrisiko zu 100 % aus.

Unechte Forfaitierung

Bei unechter Forfaitierung ist ein Regress auf den Verkäufer der Forderung möglich. Dieser Regress erfordert das Eintreten bestimmter Bedingungen. Diese Bedingungen werden im Vertrag detailliert geregelt. So könnte z. H. vereinbart werden, dass ein Regress möglich ist, wenn durch die Regierung Sitzlandes des Schuldners hohe Zölle eingeführt werden und dieser deshalb die Zahlung nicht leisten kann oder will.

Quasi-Forfaitierung (Euler-Hermes)

Bei der Quasi-Forfaitierung erwirbt der Forfaiteur eine Forderung, die durch Euler-Hermes besichert ist. Der Kauf der Forderung ist dabei mit und ohne Übernahme des Exporteurselbstbehalts möglich. Dieser Selbstbehalt beläuft sich auf 10% bei politischen Risiken und 15% bei Insolvenz-, Nichtzahlungs- und wirtschaftlichen Risiken. Diese Variante ist häufig anzutreffen, wenn der Importeur zwar eine für die Hermesdeckung ausreichende Kreditwürdigkeit aufweist, zugleich aber keine Banksicherheit stellen kann.

Euler Hermes ist ein Warenkreditversicherer, der im Kontext der Exportfinanzierung als Mandatar im Auftrag und für Rechnung der Bundesrepublik auftritt. Der Versicherer wickelt im Auftrag der BRD Exportkreditgarantien ab, mit denen Exporte deutscher Unternehmen ins Ausland gefördert werden sollen. Garantien gibt es zur Absicherung von Fabrikationsrisikodeckungen während der Fabrikationsphase und der Forderungsphase.

Darüber hinaus gibt es weitere Garantien wie z. B. Finanzkreditdeckungen für Banken, die Importeuren im Ausland Kredite für deutsche Exporte zur Verfügung stellen. Formal liegt eine Ausfuhrgarantie vor, wenn der Schuldner im Ausland als privates Unternehmen auftritt. Ist der Schuldner im Ausland dagegen eine Regierungsbehörde oder eine vergleichbare Instanz, handelt es sich um eine Ausfuhrbürgschaft.

Warum bietet die Quasi Forfaitierung Vorteile, wenn doch ohnehin eine Hermesdeckung besteht? In diesem Fall bietet die Forfaitierung Vorteile im Hinblick auf die Liquidität, da diese schneller zufließt. Darüber hinaus können Exporteure sich ihres Selbstbehalts in der Hermesdeckung entledigen.

Forfaitierung Vorteile für Unternehmen und Kosten

Vorteile:

  • Sofortiger Liquiditätszufluss
  • Kein Ausfallrisiko
  • Keine Wechselkursrisiken
  • Bessere Bilanzielle Situation

Die Forfaitierung Vorteile für Unternehmen sind offensichtlich. Durch den Verkauf der Forderung wird ein ansonsten mit einem Zahlungsziel verbundenes Geschäft zu einem Bargeschäft, da der Exporteur unmittelbar nach der Erbringung seiner Leistung (z. B. Fertigstellung der Produktion und Verschiffung) den Rechnungsbetrag abzüglich des Diskonts erhält.

Dadurch weist die Forfaitierung Vorteile im Hinblick auf Liquidität und Bilanz auf. Da sofort nach Leistungserbringung Liquidität zur Verfügung steht, können Kreditlinien geschont werden, was sich u.a. positiv auf die Bonität auswirkt. Zudem wird die Bilanz entlastet. Forfaitierung ist gleichbedeutend mit einem Aktivtausch, weil eine Forderung gegen Bankguthaben getauscht wird. Dadurch entfallen Ausfallrisiken. Forfaitierung wirkt damit ähnlich günstig auf wichtige Bilanzkennzahlen wie andere Finanzierungssurrogate.

Auch im Hinblick auf Wechselkursrisiken bietet Forfaitierung Vorteile. Lautet die Forderung eines deutschen Unternehmens gegen einen südamerikanischen Schuldner auf USD, trägt der Gläubiger bis zum Zahlungseingang ein Wechselkursrisiko. Dieses kann aufgrund der mitunter langen Zahlungsziele durchaus 10 % und mehr des Forderungswertes betreffen und damit Größenordnungen erreichen, die der Gewinnmarge entsprechen. Gläubiger müssten solche Wechselkursrisiken ansonsten durch Forwardgeschäfte am Devisenmarkt absichern. Die dafür anfallenden Kosten sind im Diskont des Forfaiteurs bereits enthalten.

Welchen Unternehmen bietet Forfaitierung Vorteile?

Als wirksames Finanzierungssurrogat bietet Forfaitierung Vorteile für Unternehmen nahezu jeglicher Größe. Sowohl mittelständische Unternehmen als auch Großkonzerne profitieren von der Auslagerung von Ausfallrisiken und dem raschen Zufluss von Liquidität. Um die Forfaitierung Vorteile nutzen zu können, ist allerdings ein gewisses Auftragsvolumen erforderlich, da stets einzelne Forderungen verkauft werden und Anbieter Mindestsummen von 50.000 EUR und mehr verlangen.

Die Kosten und ihre Zusammensetzung

Unternehmen gewinnen durch Forfaitierung Vorteile, müssen im Gegenzug jedoch auch die Kosten des Prozesses tragen. Die Kosten richten sich nach verschiedenen Einflussgrößen. Relevant sind das Zinsniveau der Forderungswährung (je höher das Zinsniveau, desto höher der Diskont), das Zahlungsziel der Forderung (je länger, desto höher der Diskont), das politische Risiko im Land des Schuldners sowie die Kreditwürdigkeit des Schuldners selbst und der ggf. zusätzlich involvierten Bank.

Forfaiteure preisen somit Finanzierungskosten, Ausfallrisiken und eine Gewinnmarge in den Abschlag auf die Forderung ein. Der Betrag der Forderung steht nicht in einem linearen Zusammenhang mit den Kosten. Bei sehr kleinen Beträgen (unter 100.000 EUR) können zusätzliche Entgelte als Ausgleich für die höheren Stückkosten anfallen. Bei sehr großen Beträgen können Risikoprämien für Refinanzierungsrisiken erhoben werden. Fallen der Abschluss des Forfaitierungsvertrages und die Entstehung der Forderung zeitlich auseinander, kann zusätzlich eine Bereitstellungsprovision erhoben werden.

Die Kosten müssen dem Nutzen gegenübergestellt werden. Die meisten Unternehmen gewinnen durch Forfaitierung Vorteile, weil der Diskont als Bestandteil der Exportfinanzierung eingepreist und der Aufschlag durch den Käufer akzeptiert wird.

 
 

Abgrenzung zu Factoring und andere Finanzierungssurrogate

Forfaitierung fällt ebenso wie Leasing und Factoring in die Kategorie der Finanzierungssurrogate. Insbesondere die Abgrenzung zu Factoring erscheint auf den ersten Blick schwierig, handelt es sich doch bei beiden Instrumenten um den Verkauf von Forderungen. Tatsächlich gibt es jedoch mehrere Merkmale und Unterschiede für die Abgrenzung zu Factoring.

Verkauf nur einzelner Forderungen

Bei der Forfaitierung werden einzelne Forderungen verkauft. Unternehmen entscheiden somit im Einzelfall, ob eine Forderung selbst gehalten oder veräußert werden soll. Bei dieser Entscheidung können Unternehmen ihre eigenen Informationen und Erfahrungen einfließen lassen und z.B. nur Forderungen verkaufen, die sie selbst für vergleichsweise riskant halten. Davon unberührt ist die Tatsache, dass die Forderungen eine gewisse Qualität aufweisen müssen, um von der Forfaitierungsgesellschaft akzeptiert zu werden.

Die Abgrenzung zu Factoring ist offensichtlich: Beim Factoring verkaufen Unternehmen i.d.R. alle Forderungen oder zumindest den wesentlichen Teil an eine Factoring Gesellschaft. Unternehmen können somit nicht im Einzelfall entscheiden, welche Forderung veräußert und welche selbst abgewickelt wird.

Keine Servicefunktion

Eine weitere Abgrenzung zu Factoring ergibt sich durch den Umstand, dass Forfaitierung keine Servicefunktion erfüllt. Forfaitierung erfüllt aus Sicht des Lieferanten eine Finanzierungs- und eine Delkrederefunktion. Factoring erfüllt dagegen zusätzlich eine Servicefunktion.

Die Abgrenzung zu Factoring gilt ausdrücklich auch im Bezug auf das Exportfactoring. Diese spielt in der Exportfinanzierung eine bedeutende Rolle. Der Unterschied besteht darin, dass beim Factoring zur Exportfinanzierung mehrere Forderungen auf einmal verkauft werden. Zudem dient Factoring im Kontext der Exportfinanzierung primär der Finanzierung von Ausfuhren im Bereich der Konsumgüter- und Dienstleistungsgeschäfte, während Forfaiteure hauptsächlich Investitionsgüter finanzieren.

Auch die Auslagerung des Ausfallrisikos fällt bei der Forfaitierung umfangreicher aus als beim Factoring zur Exportfinanzierung. Im Bereich der Exportfinanzierung werden auch politische Risiken sowie Transferrisiken abgedeckt. Diese werden beim Factoring ausgeklammert.

Was sind Finanzierungssurrogate und wozu dienen sie?

Finanzierungssurrogate (Surrogat=Ersatz) sind Finanzprodukte, mit denen bei konstanten Investitionsplänen der Umfang der Finanzierung reduziert werden kann. Zur Kategorie der Finanzierungssurrogate zählen neben Forfaitierung insbesondere Leasing und Factoring.

Finanzierungssurrogate verringern bei Anschaffungen den Liquiditätsabfluss und ermöglichen die Inbetriebnahme eines neuen Wirtschaftsgutes ohne Bilanzverlängerung. Dadurch bewirken Finanzierungssurrogate eine im Vergleich zu einer kreditfinanzierten Investition erhöhte Eigenkapitalquote.

Ihr regelmäßiges Update zur Finanzbranche ​

Erhalten Sie regelmäßig die aktuellsten Meldungen zur Finanzwelt sowie exklusive Tipps und Tricks rund um das Thema Unternehmensfinanzierung.

Ja, ich möchte den FinCompare Newsletter erhalten.

* Pflichtfelder


Lade Deine Freunde und Kollegen ein!

Scroll to Top