Herausforderungen bei hohen Kreditanfragen über 750.000 Euro
Unternehmen benötigen Kredite, um kurzfristige Liquiditätsengpässe auszugleichen oder um geplante Investitionen zu tätigen. Manchmal werden dafür schnell sehr hohe Beträge gefordert. Ab einer Summe von über 750.000 Euro kann es für Unternehmen dabei jedoch zu besonderen Herausforderungen und Hürden während des Kreditprüfungsprozesses kommen. Kreditinstitute müssen nicht nur interne Regelungen anwenden, sondern auch die durch das Kreditwesengesetz (KWG) vorgeschriebenen Pflichten zur Prüfung einer Kreditvergabe erfüllen. Bei einer Überschreitung der gesetzlichen Beitragsgrenze gelten laut KWG zusätzlich höhere Anforderungen für eine Bank. Auf welche Hürden Sie als Unternehmer bei einer Kreditanfrage hoher Summen stoßen könnten und wie das Risiko des Kreditinstituts bzw. der Bank verringert werden kann, zeigen wir Ihnen in diesem Artikel.
Das Kreditwesengesetz als Hürde für hohe Kreditbeträge
Das Kreditwesengesetz findet Anwendung auf alle Darlehensgeschäfte innerhalb Deutschlands und bedient zwei wesentliche Zwecke. Zum einen sorgt es für Stabilität innerhalb des Finanzsektors und für den Funktionserhalt der Kreditwirtschaft. Zum anderen soll es das begehbare Risiko der Banken bzw. Kreditinstitute durch auferlegte Restrisiken begrenzen und so die Gläubiger vor einem Verlust ihrer Einlagen schützen.
Paragraph 18 des Kreditwesengesetzes regelt die Anforderungen an Kreditunterlagen und die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens bei einer Kreditanfrage:
(Kreditwesengesetz – KWG) § 18 und Basel 1-3
Ein Kreditinstitut darf einen Kredit, der insgesamt 750.000 Euro oder 10 vom Hundert des nach Artikel 4 Absatz 1 Nummer 71 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 anrechenbaren Eigenkapitals des Instituts überschreitet, nur gewähren, wenn es sich von dem Kreditnehmer die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offen legen lässt. Das Kreditinstitut kann hiervon absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten offensichtlich unbegründet wäre. Das Kreditinstitut kann von der laufenden Offenlegung absehen, wenn
- der Kredit durch Grundpfandrechte auf Wohneigentum, das vom Kreditnehmer selbst genutzt wird, gesichert ist,
- der Kredit vier Fünftel des Beleihungswertes des Pfandobjektes im Sinne des § 16 Abs. 1 und 2 des Pfandbriefgesetzes nicht übersteigt und
- der Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt
Bis auf wenige Ausnahmen darf das Kreditinstitut ein Kreditvolumen, welches die gesetzliche Grenze von 750.000 Euro übersteigt, also nur gewähren, wenn die Unternehmen die erforderlichen Unterlagen vorlegen und es sich dadurch einen ausführlichen Einblick in die wirtschaftliche Lage verschaffen kann. Bei der Prüfung der Unterlagen wird vor allem die Tragfähigkeit anfallender Zins- und Tilgungsleistungen beurteilt, um das Risiko des Kreditgebers einschätzen zu können. Die verpflichtende Offenlegung ist nicht nur vor der Kreditvergabe, sondern für die gesamte Kreditlaufzeit festgeschrieben. Achten Sie deshalb darauf, dass Sie wichtige Unterlagen immer parat und auf dem neuesten Stand haben, um diese vorlegen zu können.
Weitere Kreditvergabekriterien
Um die Bonität des Unternehmens zu beurteilen, können neben dem Jahresabschluss, je nach Rechtsform des Unternehmens, beispielsweise auch Lageberichte, Umsatzzahlen oder Erfolgs- und Liquiditätspläne zur Einsicht angefordert werden. Außerdem kann das Scoring einer Auskunftei und eine ausführliche Beschreibung des Verwendungszweckes bzw. ein Business Plan zur Einschätzung der finanziellen Lage eines Kreditnehmers herangezogen werden.
Bonität des Unternehmens
Die Bonität, also die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens, wird in der Regel von sogenannten Wirtschaftsauskunfteien beurteilt. Dazu zählen beispielsweise die SCHUFA, Bürgel, Arvato Infoscore oder die Creditreform, welche relevante Daten und Zahlen eines Unternehmens sammeln und speichern. Finanzinstitute können dann, unter Berücksichtigung dieser Informationen, Ratings erstellen und somit eine Aussage über die Fähigkeit zur Rückzahlung aufgenommener Schulden, wie beispielsweise einem Kredit inklusive Zinsen, tätigen. Ein gutes Scoring ist hierbei Voraussetzung für die Bewilligung eines Kredits.
Zusätzlich spielen weitere Kennzahlen eine wichtige Rolle für die Kreditwürdigkeit bzw. Das Scoring eines Unternehmens. Die Kapitaldienstfähigkeit bezeichnet beispielsweise die Fähigkeit, sämtliche Zins- und Tilgungszahlungen (=Kapitaldienst) mithilfe eines zukünftig ausreichend generierten Cashflows erbringen zu können. Zudem sollte ein Kreditnehmer eine gute Eigenkapitalquote vorweisen können. Die Eigenkapitalquote ist ein wichtiger Indikator, da sie den Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital angibt. Bestenfalls sollte diese nicht weit unter 30 Prozent liegen und eine positiv steigende Entwicklung aufzeigen. Die durchschnittliche Eigenkapitalquote schwankt jedoch nach Branchenzugehörigkeit und Rechtsform des Unternehmens stark und wird deshalb je nach Handlungsfeld individuell beurteilt. Ebenso wie die Eigenkapitalquote liefert auch der Verschuldungsgrad wichtige Informationen über die Finanzstruktur eines Unternehmens. Ein Richtwert liegt hier bei 2:1, also bei einem Verschuldungsgrad von 200 Prozent. Das bedeutet: Je höher der Verschuldungsgrad, desto höher ist der Anteil an Fremdkapital in Relation zum Gesamtkapital. Jedoch ist auch dieser Wert branchenabhängig
Dingliche Sicherheiten und Bürgschaften
Dingliche Sicherheiten bieten eine weitere Möglichkeit der Absicherung für Kreditgeber. Gerade bei sehr hohen Kreditsummen spielen diese eine wichtige Rolle. Beim Vertragsabschluss können Kreditinstitute deshalb Sachbürgschaften und die zugehörigen Verwertungsrechte zur Sicherung des Darlehens verlangen. Als dingliche Sicherheit kann beispielsweise eine Grundschuld dienen, also die Belastung einer Immobilie oder eines Grundstückes, welche im Grundbuch eingetragen wird. Genauso wie die Grundschuld können auch Hypotheken als Sicherheit eingesetzt werden. Der Unterschied hierbei liegt darin, dass die Grundschuld im Gegensatz zur Hypothek nicht an einen bestimmten Kredit gebunden ist. Des Weiteren kann beispielsweise eine kapitalbindende Lebensversicherung, also eine private Lebensversicherung, als Haftung dienen. Außerdem akzeptieren Finanzinstitute auch persönliche Bürgschaften der Gesellschafter. Diese Sicherheiten sollten mindestens 80 Prozent des Kreditbetrags besichern. Weitere Einsatzmittel zur Risikominimierung sind Aktien- oder Wertpapierdepots. Diese können allerdings aufgrund von möglichen Wertverlusten oder Kursverlusten nicht zu 100 Prozent verpfändet werden.
Businessplan und Verwendungszweck
Die Entscheidung über Zu- oder Absage eines Kredits kann ebenfalls abhängig von einer Vorhabensbeschreibung beziehungsweise eines Businessplans sein. Unternehmer sollten hierfür möglichst genau beschreiben, für welchen Zweck die Finanzierung benötigt wird und welche Investitionen getätigt werden sollen. Ein Businessplan sollte Angaben über das Produkt oder die Dienstleistung an sich, Informationen über den Markt und Wettbewerb und über die Marge und den unternehmerischen Erfolg, der durch die Finanzierung erreicht werden soll, enthalten. Außerdem sind Kreditgeber an internen Strukturen wie Personalaufstellung, Marketing- und Vertriebsmaßnahmen sowie Liquiditätsplanungen interessiert, um Chancen und Risiken des Investitionsprojekts abschätzen zu können.
Wie kann das Risiko für Kreditinstitute zusätzlich verringert werden?
Auch wenn alle Kreditvergabekriterien positiv geprüft werden, können sich Banken und Kreditinstitute zusätzlich absichern und das Risiko minimieren. Dafür kann ein sogenannter Konsortialkredit zum Einsatz kommen. Bei dieser Kreditform gewähren mindestens zwei Kreditinstitute gemeinsam einen Kredit an einen Kreditnehmer. Vor allem bei hohem Kreditvolumen macht eine solche Risikoverteilung Sinn. So kann beispielsweise die KfW oder eine Landesbank hinzugezogen werden, um das Risiko auf zwei oder mehr Kreditgeber aufzuteilen.
Über FinCompare
FinCompare ist ein Berliner Fintech, das sich auf die Vermittlung und unabhängige Beratung von Mittelstandskrediten fokussiert. Neben Krediten bieten wir auch alternative Finanzierungsmöglichkeiten, um für jedes Unternehmen und jede Branche Kapital in passender Form bereitzustellen. Zu unserem Produktspektrum zählen außerdem Schnellkredite, Firmenleasing, Factoring, Lagerfinanzierung sowie Einkaufsfinanzierung. FinCompare wurde 2016 gegründet und beschäftigt heute rund 70 Mitarbeiter:innen. Auf unserer Vermittlungsplattform sind über 250 Banken, Leasing- und Factoringgesellschaften. Unser Unternehmen hat bis heute über 30.000 Kreditanfragen mit einem Finanzierungswert von über drei Milliarden Euro betreut. Das ausgeklügelte Software-Tool wird zwischenzeitlich auch als Whitelabel-Lösung an Geschäftsbanken lizenziert. Unsere Berater:innen beraten Sie gerne kostenlos und unverbindlich.
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