CEO Stephan Heller auf der Banking Exchange

 

Die Digitalisierung der Banken ist in vollem Gange. Vor allem bei der Automatisierung ihrer Prozesse und Abläufe scheinen die Institute schnell voranzukommen. Deutlich langsamer vollzieht sich jedoch die Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts, gerade im Bereich kleiner und mittelgroßer Unternehmen. Können es die Banken nicht besser – oder wollen sie nicht? Und haben es die Tech-Giganten wie Google oder Amazon sowie die kleinen, agilen FinTechs am Ende nicht doch besser verstanden, wie die Suche nach der passenden Finanzierung für Unternehmen in Zukunft ablaufen wird? Darüber wurde jetzt in Frankfurt auf der Banking Exchange (BEX2019 – Episode III), der Konferenz des Finanzblogs Payment & Banking für die Banken- und FinTech-Branche, intensiv diskutiert – unter anderem mit Stephan Heller, dem Gründer und CEO von FinCompare. Zusammen mit Jessica Holzbach von Penta, Grit Bantow (Schufa) und Christian Plaza von Wirecard bildete er am zweiten Konferenztag das Panel „SME und Corporate Banking“.

SME und Corporate Banking – Warum FinTechs schon heute die bessere Alternative sind

Auf die Frage von Moderator Jochen Siegert von Payment & Banking, welche Chancen sich FinTechs wie FinCompare im Bereich des SME-Bankings ausrechnen, antwortete Stephan Heller, gegen die großen Banken-Konkurrenten sehr wohl bestehen zu können. Seine Zuversicht hänge vor allem mit der hohen Komplexität des B2B-Geschäfts zusammen, erklärte er, mit dieser speziellen Mischung aus unterschiedlichen Märkten, Standards und Geschäftspraktiken. „Die Banken müssen als Gesamtorganisation nicht nur den regulatorischen Teil des B2B-Business perfekt abbilden und in ihrem Kerngeschäft und im ganzen Backend-Bereich sauber arbeiten, sondern eben auch beim Vertrieb und in der Beratung. Das wird vom Kunden so gewünscht, der Faktor menschliche Beratung ist im Firmenkundenbereich sehr wichtig. Wenn man dann aber versucht, das alles unter einem Dach abzubilden, wird in der Regel weder das eine noch das andere richtig gut.“ Er sehe da einen großen Konflikt bei den Banken, wobei es am Ende immer auf das Thema Compliance geschoben werde, dass keine gute User-Journey herauskomme. „Wenn die Banken das anbieten wollen, was wir mit FinCompare entwickelt haben – dass Kunden modular am Point of Advisory professionell beraten werden und die passende Lösung ohne Zeitverlust direkt abschließen können –, brauchen sie einen deutlichen Mindshift. Der Sparkassen-Berater müsste dann nämlich auch ein Commerzbank- oder Solaris-Bank-Produkt verkaufen, um den Kunden wirklich glücklich zu machen. Dafür braucht es aber eine ganz andere Einstellung – und vollautomatisierte Prozesse, damit dieser Kredit regulatorisch sauber überhaupt genehmigt werden darf. Gerade KYC und Scoring sind für die Banken noch eine riesige Baustelle.“ In China dagegen würden sich die Institute vor allem auf einen Teil der Wertschöpfung konzentrieren und den Rest integrieren oder komplett auslagern, erklärte er.

„Warum sollten KMU immer bei der gleichen Bank bleiben?“

Auf dem Panel herrschte weitgehende Einigkeit, dass das KMU-Banking-Geschäft den FinTechs noch viele Chancen biete. Denn es reiche als Bank längst nicht mehr, sich auf der bestehenden Beziehung auszuruhen, weil der Kunde ohnehin komme. Wenn dem Unternehmen keine passende Lösung angeboten werde, schaue es sich eben woanders um. „Unsere Kunden machen im Durchschnitt zwei bis drei Millionen Euro Umsatz, müssen aber im Schnitt 80 Kilometer zu ihrer Hausbank fahren“, so Stephan Heller.

„Die wenigsten hier im Publikum sind mit ihrer ersten Freundin verheiratet. Also warum sollten KMUs bei der immer gleichen Bank bleiben, wenn es um eine Finanzierung geht? Diesen Unternehmen bieten wir sehr gute Lösungen an und schaffen damit starke Anreize, zu uns zu kommen.“

Und die Tech-Giganten wie Amazon, PayPal und Google? Werden die sich mit ihrer Finanzkraft, Marktdominanz und technologischen Stärke nicht das größte Stück des SME-Kuchens selbst abschneiden und die kleineren FinTechs an den Rand drängen? Diese Gefahr sei eher gering, meinten die Experten auf der Banking Exchange, und führten dafür erneut die hohe Komplexität des B2B-Geschäfts an. Die Einflussfaktoren im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Wertschöpfungskette auf die Prüfung und Beurteilung der Bonität von KMUs seien viel komplexer und komplizierter als im B2C-Bereich, wo es bei der Bonitätsprüfung in der Regel nur um die Ein- und Ausgänge auf dem Konto gehe.

Im Corporate-Banking-Bereich gebe es dagegen sehr viele Instrumente und volkswirtschaftliche Wechselwirkungen, was die BigTechs am Ende noch weitgehend draußen halte. „Die Amazon-Kredite sind in der Regel für die auf der Plattform voll integrierten Amazon-Händler geeignet, wobei Amazon für sie sogar das Warehousing übernimmt“, sagte Stephan Heller. “Was wir im SME-Banking machen, ist dagegen etwas ganz anderes und viel komplexer – all diese Produkte, mit verschiedenen Bonitäten, Rechtsformen, Firmenstrukturen etc. Hier alles unter einen Hut zu bringen, ist schwierig, aber machbar.“

Unsere Strategie ist: Wachstum durch Verzicht

Wir verfolgen ganz klar die Strategie ‚Wachstum durch Verzicht‘! Wenn man sich die Banken mit ihren riesigen Budgets für die Digitalisierung ihrer Projekte anschaut, dann sind wir gut beraten, uns zu beschränken. Venture Capital ist zwar gut – aber leider nicht so gut, dass wir da mithalten können! Natürlich haben wir Visionen und Ideen, wie man solche Modelle aus dem Kern immer weiter entwickeln kann. Aber zunächst müssen wir uns auf die wichtigsten Dinge konzentrieren!“

FinTechs gehen bei der Kundenakquise neue Wege

Für den Erfolg sind die FinTechs auch bereit, neue Wege zu gehen, um noch mehr Awareness für die eigene Marke zu schaffen und die Kunden auf ganz unterschiedlichen Wegen von sich und ihrem Angebot zu überzeugen. „Wir haben mit dem klassischen Performance-Marketing angefangen, weil es schnell gehen musste. Das skaliert aber nicht ewig und wir haben schnell gemerkt, dass sich am Ende nur Google am meisten gefreut hat. So haben wir unsere Plattform recht früh um indirekte Vertriebskanäle erweitert. So hatten wir viele Anfragen von Finanz-Maklern, die das Firmenkundengeschäft in der Vergangenheit ganz oft links liegen lassen mussten, weil sie das nicht abbilden konnten. Für sie haben wir eine horizontale Plattform geschaffen, auf der inzwischen über 1.000 Makler aktiv sind und das Angebot regelmäßig nutzen.

Ein weiterer Kanal sind Vendoren, also die Hersteller und Händler von Investitionsgütern, die ganz klassisch Leasing und Absatzfinanzierung am Point of Sale einsetzen wollen. Die haben bislang mit einzelnen Leasinggesellschaften zusammengearbeitet, die das Geschäft noch über Fax abwickeln. Über uns haben sie dagegen einen direkten Preisvergleich am Point of Sale mit taggleichen Angeboten. Das macht natürlich einen Riesenunterschied!“

Der neueste Kanal seien dann sogar Banken im Netzwerk von FinCompare, die FinCompare nutzen um Ihr eigenes Produktangebot zu erweitern durch FinTechs oder alternative Lösungen. Über FinCompare ist der Bankberater in der Lage ähnlich wie ein Finanz-Makler voll integrierte alternative Lösungen von anderen Banken seinem Kunden vorzulegen. Das ist in der Baufinanzierung bereits Standard und wird in den nächsten Jahren Dank der FinCompare Plattform auch für Unternehmensfinanzierung Marktstandard werden.

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